Zwischen den Welten?!
Schwule Väter und Ehemänner und deren Partner
Zwei mal im Jahr, immer im Frühling und im Herbst, treffen sich schwule Väter teilweise zusammen mit Ihren Partnern aus ganz Deutschland, um ein inspirierendes Wochenende miteinander zu verbringen.
Männer, die erst nach der Familiengründung festgestellt haben, dass sie sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen, oder solche, die es schon länger wussten, sich aber aus verschiedensten Gründen nicht zum Outing getraut haben, diskutieren hier in vertrauensvoller Atmosphäre diverse Fragen. Hier können Fragen gestellt und Gespräche geführt werden, ohne dass jemand das Gefühl hat, sich bloßzustellen.
Daneben dienen die Veranstaltungen auch der Vernetzung zwischen den verschiedenen regional organisierten Vätergruppen.
Veranstaltungsort ist die Akademie Waldschlösschen in der Nähe von Göttingen. Die Wochenenden werden jeweils von einer oder mehreren Regionalgruppen der Schwulen Väter und Ehemänner ausgerichtet und organisiert.
Herbst 2024
Zum 76. Mal fand vom 01. bis 03.11.2024 das traditionelle Deutschland-Treffen statt. Es wurde diesmal von der Stuttgarter Vätergruppe organisiert und gestaltet.
Es gab unter der pädagogischen Leitung der Akademie Waldschlösschen Workshop-Angebote zu den Themen u.a., Schuld, Angst, Coming-Out, Trennung, Kinder, Umgang mit der Noch- bzw Ex-Ehefrau, Depressionen, Religionen und deren Prägung, usw.
Diese Workshops/Themen bildeten wie immer den Schwerpunkt des Angebotes und werden vor allem von Teilnehmern besucht, die sich gerade mitten in oder sogar noch vor ihrer kritischen Phase der Selbstfindung oder des Outings befinden.
Neben diesen „intensiven“ Themen konnte man aus dem vielfältigen Angebot z.B. auch bei Lutz wieder einmal ein Fotoshooting auswählen, bei Tibor im Chor singen oder neue bzw. lange nicht mehr dagewesene Angebote wie z.B. „Kontaktimprovisation“ oder „Plätzchen Backen“ wahrnehmen.
Ein besonderes Highlight war die von Dennis und Thomas organisierte Krimi-Dinnerparty am Freitag Abend, die alternativ zum Sauna- oder Filmabend stattfand.
In der illustren Runde von 20 Gästen, die sich am Vorabend der „Gay-Award-Preisverleihung“ zum Galadinner trafen, befanden sich gewissenlose Mörder, die es zu entlarven galt.
Dennis und Thomas hatten an dem Abend mit vielen liebevollen und aufwändigen Details eine einmalige und fantastisch atmosphärische Kulisse geschaffen wodurch alle „Teilnehmer“ einen spannenden Abend erleben durften.
Der Show- und Partyteil am Samstag-Abend stand unter dem Motto „Eine Reise nach New York“.
Die Stuttgarter brachten ein abwechslungsreiches und begeisterndes Programm auf die Bühne, das sehr gut ankam und in das auch das Publikum und Tibors Chor mit eingebettet war.
Am Sonntag Morgen wurde u.a. eine neue, sehr interessante Podcast Folge „Familiengayschichten / Der Mann in Papas Bett“ vor Publikum aufgezeichnet, die sicher bald auf den Podcast-Plattformen abrufbar sein wird.
Während dieses Vätertreffens wurde außerdem Rainer Marbach, der Urvater der Akademie Waldschlösschen, offiziell verabschiedet. Dazu wurden bewegende Darbietungen in die Samstag-Abend-Show (Song-Text: „Das ist dein Leben“), als auch während des Abschlussplenums am Sonntagmorgen ein Videozusammenschnitt von vielen Regionalgruppen mit Dankesbotschaften präsentiert. Es wurde sogar das ein oder andere Tränchen verdrückt.
Wer Rainer kennt, weiß aber, dass er trotz Verabschiedung weiter präsent sein wird und sich kümmern wird, wenn vielleicht auch jetzt aus der zweiten Reihe.
Wieder einmal war es ein intensives, erfüllendes und hilfreiches Wochenende, das viele Teilnehmer bestärkt und zuversichtlich gemacht hat, durch eine Gemeinschaft die trägt und auffängt, die versucht, individuell zu helfen, seinen eigenen Weg zu finden.
Das nächste Vätertreffen, auf das wir uns alle schon freuen, wird Anfang Mai stattfinden und von der Hamburger Vätergruppe ausgerichtet.
Wir sehen uns !?
Frühjahr 2024
Vom 26. bis 28. April 2024 fand das mittlerweile schon 75. Treffen dieser Art statt.
Dieses Mal hatte die Berliner Gruppe diese Aufgabe übernommen und hat die Erwartungen der Teilnehmer wieder einmal voll erfüllt und das, obwohl diese Gruppe auch viele relativ neue Mitglieder umfasste, von denen einige sogar erstmals an einem Waldschlösschen-Wochenende teilnahmen.
Das Erfolgsrezept dieser Vätertreffen liegt unter anderem an dem Konzept der in mehrfacher Hinsicht bunten Mischung.
Die Teilnehmer sind zum Teil „alte Hasen“, für die die Phase Ihres Coming-Outs und der schwierigen Zeit einer Neuorientierung in ihrem Leben schon viele Jahre zurück liegt, andere stecken gerade mitten in diesem Prozess und wieder andere haben das alles noch vor sich und befinden sich vielleicht gerade in der Findungsphase, in der sie sich darüber klar werden, wer sie eigentlich sind und was sie wirklich wollen.
Teilnehmer, die das erste Mal dabei sind, empfinden die Situation unter so vielen Männern, die sich in der gleichen Situation wie sie selber befinden oder befanden, manchmal anfänglich als befremdlich oder unheimlich.
Für die „Neuen“ wird daher ein spezielles Patensystem angeboten, bei dem der Neue einen festen Paten zur Seite gestellt bekommt, der sich jederzeit als Ansprechpartner bereit hält, und so bei Fragen Auskunft geben kann oder über Unsicherheiten hinweghelfen kann.
Zudem gibt es eine besondere Einführungsveranstaltung und Feedback-Runde für die erstmals Teilnehmenden.
Für unsere Community bieten die Waldschlösschen-Treffen einen geschlossenen, geschützten Raum, in dem man sich in zwangloser Atmosphäre in vielen Gesprächen und Workshops austauschen kann oder sich einfach nur inspirieren lassen kann.
Das Verständnis für die besondere Situation von schwulen Vätern ist bei allen Teilnehmern „automatisch“ da und niemand muss sich hier für irgendetwas schämen und kann offen und frei über alles sprechen, was ihm auf der Seele liegt.
Die angebotenen Workshops werden nicht von Profis abgehalten sondern werden von einigen der Teilnehmer selbst geleitet.
Ein Teil der Workshops deckt Themen mit künstlerischen Aspekten ab. Hierzu hatten wir in früheren Treffen zum Beispiel Acryl-Malerei, dieses Mal gab es einen Modellierungsworkshop mit Gips oder auch Chorsingen.
In anderen Gruppen geht es um Aktivitäten für das körperliche und seelische Wohlbefinden. Angebote aus dem letzten Wochenende hierfür waren beispielsweise Tanzen, Yoga, Waldbaden oder Achtsamkeitstraining.
Was die Wochenenden aber so speziell macht, sind die angebotenen Gesprächsrunden, die spezifische Themen für schwule Väter abdecken.
Hier gibt es quasi Standard-Themen, die eigentlich jedes Mal im Angebot enthalten sind:
Eigene Schuldgefühle, meine (Ex-/)Frau und ich, wie sag ich’s meinen Kindern, Coming Out am Arbeitsplatz, Zusammenleben in der Familie, mein Partner ist schwuler Vater, …
Daneben gibt es dann aber auch immer mal wieder andere Aspekte, über die auf früheren Treffen selten oder noch gar nicht diskutiert wurde.
Beispiele aus dem letzten Wochenende hierfür waren das Erzähl-Cafe für schwule Großväter, ein Austausch über die Spielräume und Leitplanken bei den finanziellen Aspekten einer Trennung, die besondere Situation von Beziehungen mit großem Altersunterschied der Partner oder ein Publikumsgespräch mit Rainer Marbach über die Geschichte der deutschen Schwulenbewegung und die Anfänge der Vätertreffen im Waldschlösschen.
Jeder Teilnehmer zieht aus den Erfahrungsberichten der anderen seine eigenen Schlüsse und hat die Chance, aus dem bunten Strauß der geschilderten Möglichkeiten und Optionen für sich selber zu neuen Sichtweisen und Erkenntnissen zu gelangen.
Hier wird niemandem gesagt, was er in seiner Situation zu tun oder zu lassen hat, sondern man hört dem anderen zu und erzählt vielleicht auch etwas von sich selber.
Gerade für die Teilnehmer, die keiner Regionalgruppe angehören, wo solche Gespräche normalerweise geführt werden, ist es oft eine ganz neue Erfahrung, sich unter Seinesgleichen frei austauschen zu können.
Natürlich ist aber niemand verpflichtet, an Workshops teilzunehmen.
Für viele besteht der besondere Wert des Wochenendes in den sich immer wieder spontan bietenden Möglichkeiten, sich auch abseits von Workshops mit anderen Teilnehmen in intensiven Gesprächen über „unsere“ Themen zwanglos bei einem Kaffee zu zweit oder in Kleingruppen auszutauschen.
Über die Jahre sind so schon viele Freundschaften und Kontakte entstanden, die weit über das Wochenende hinaus bestehen blieben.
Neben all den „ernsten und schwierigen“ Themen, kommt aber auch der Spaß an dem Wochenende nicht zu kurz.
Der erste Abend wird häufig durch ein Filmangebot oder einen Besuch in der hauseigenen Sauna abgerundet und am Samstagabend gibt es eigentlich immer eine Party, die oft unter einem bestimmten Motto steht.
Die Berliner hatten sich an diesem Wochenende zu einem „Tag wie Gold“ (in Anspielung auf die Berliner Siegessäule = „Gold-Else“) entschieden und ein aufwändiges und sehr witziges Showprogramm „een Abend mit Else inne Kneipe“ einstudiert und dargeboten.
Es gab stehende Ovationen.
Die Wochenenden im Waldschlösschen sind immer sehr nachgefragt, daher ist rechtzeitiges Anmelden empfehlenswert. Für „Neue“ wird jedoch immer ein separates Kontingent reserviert.
Vielleicht sieht man sich auf dem nächsten Waldschlösschen-Wochenende im November ?